Schauen wir uns die drei Elemente im Folgenden
etwas genauer an.
NCT Narrative – die Geschichte hinter dem
Ziel
Vereinfacht ausgedrückt sieht Ravi Mehta das
Problem der meisten Ziele darin, dass sie zu kurz sind. Ziele wie „Verbesserung der
Kundenbindung um 10 %“ oder „Optimierung der Kundenakquisition“ bieten nicht genügend
strategischen Kontext. Sie geben keine Antwort auf die Frage „Warum?“. (Da sind wir
dabei, denn keins der Ziele würde in unserer OKR Betrachtung als gutes Objective
durchgehen.)
Er schlägt vor, dass Narrative als eine
qualitative Beschreibung in 1 bis 3 Sätzen darüber, was das Team erreichen will und
warum es für das Unternehmen wichtig ist zu gestalten. Der Zweck der Erzählung ist es,
die unmittelbare Arbeit des Teams mit der langfristigen Strategie des Unternehmens zu
verbinden. Eine gut strukturierte Erzählung liefert den strategischen Kontext und die
Leitplanken, die es dem Einzelnen ermöglichen, bessere Entscheidungen zu treffen.
Als Beispiel nutzt er ein Narrative von
Tripadvisor:
Dieses Narrative von Tripadvisor beschreibt
die Gründe für die verstärkte Nutzung der Funktion „Save to Trip“:
Tripadvisor möchte den Anteil des Traffics
erhöhen, der direkt zum Produkt kommt (und nicht über SEO und SEM). Reisende, die
Hotels und andere Orte in einer Reiseroute speichern, kommen mit größerer
Wahrscheinlichkeit direkt zurück. Daher wird Tripadvisor die Zahl der direkten Besuche
erhöhen, indem es die Bekanntheit und Nutzung der „Save to Trip“-Funktion steigert.
Mehta beschreibt den größten Vorteil von NCTs
darin, dass sie eine Verbindung zwischen der Strategie und den Zielen herstellen. Er
stellt heraus, dass „es keine Rolle spielt, welche Ziele man hat, wenn die Strategie
nicht klar ist.“ Darüber hinaus empfiehlt er „die Objectives als Narratives zu
behandeln, wenn man nicht von OKRs auf NCTs wechseln kann.“
Glücklicherweise ist mit dem
Murakamy-OKR-Framework kein Wechsel erforderlich, denn der Inhalt eines gut Formulierten
Objectives erzeugt ein klares Bild im Kopf, was erreicht werden soll und wie dies auf
die höheren Ziele einzahlt. Hierfür ist natürlich eine klar formulierte
Unternehmensstrategie erforderlich, die oft das eigentliche Problem darstellt.
NCT Commitments – verbindliche Ziele
Laut Mehta sind Commitments 3-5 objektiv
messbare Ziele, die ein Team bis zum Ende eines Quartals erreichen will. Sie dienen als
Nachweis für Fortschritte in Bezug auf die übergeordnete Narrative.
Mehta betont, dass die Wortwahl "Commitment"
bewusst gewählt ist, da:
Im Gegensatz zu OKRs, bei denen eine Quote von
70% des Key Results angestrebt wird, sind Commitments laut Mehta deterministisch – Teams
streben an, 100% ihrer Commitments zu erreichen. Dies schafft aus seiner Sicht Klarheit
und ermöglicht rechtzeitige Kursänderungen.
Mehta hebt die Flexibilität in der Formulierung
von Commitments hervor: Sie können sowohl quantitative Metriken als auch
Lieferergebnisse umfassen. Er argumentiert, dass ergebnisorientierte Ziele nicht immer
besser als outputbasierte Ziele sind – das richtige Ziel hängt vom Verständnisgrad des
Teams ab.
Sein Beispiel für die Commitments von
Tripadvisor für die Initiative zur Reiseplanung:
Einführung der verbesserten „Save to
Trips“-Funktion und CTAs für 25 % des Traffics bis zum 15.2.
Steigerung der Nutzer, die die Funktion
genutzt haben auf 10 % bis zum Ende des ersten Quartals.
Der Flexibilität in der Formulierung der Ziele
kann man etwas abgewinnen, da es besser auf unterschiedliche Situationen in Bezug auf
die “Sicherheit vs. Unsicherheit” der zu erreichenden Ziele eingehen kann. Aus unserer
Sicht ist dabei die spannende Frage in Bezug auf die outputbasierten Ziele: Kann das
Team den Output wirklich vollständig beeinflussen oder hängt die Metrik - die wir
wirklich beeinflussen wollen - in Teilen von externen Faktoren ab? In diesem Fall halten
wir ein Commitment für schwierig. Für das Risiko der externen Faktoren ist ein
Sicherheitsabschlag einzukalkulieren - was operativ in Ordnung ist. Allerdings
befürchten wir, dass hier das Mindset der Experimentierkultur darunter leidet und wir
der Illusion erliegen, dass wir die meisten Ziele wirklich erreichen könnten, wenn wir
uns nur ausreichend anstrengen.
NCT Tasks – Die Umsetzungsebene
Das Argument, die Ebene der Tasks in das
Framework mit aufzunehmen besteht aus seiner Sicht darin, dass Teams ein Quartal oft
„kalt“ starten - sie haben sich ehrgeizige OKRs gesetzt, aber noch keine Pläne für die
Arbeit zur Erreichung dieser OKRs erstellt.
Mehta beschreibt Tasks als Aufgaben, die erfüllt
werden müssen, um die Commitments zu erreichen und die Narrative zu verwirklichen. Ihre
Hauptbedeutung liegt darin, dass sie:
Zudem betont Mehta, dass Tasks nicht das Endziel
sind. Er erklärt, dass ein Team, das alle seine Commitments erreicht, aber keine Tasks
abgeschlossen hat, immer noch erfolgreich ist. Umgekehrt bedeutet das Abschließen von
Tasks bei gleichzeitigem Verfehlen von Commitments, dass das Team sein Ziel nicht
erreicht hat. So gesehen kann man durchaus argumentieren, dass die Tasks nicht zwingend
Teil des Frameworks sein müssen. Wir sehen aber den Punkt, dass es keinen Sinn macht
Ziele zu definieren, ohne jegliche Idee zu haben, wie sich diese innerhalb des Quartals
auch erreichen lassen.
Tasks sind laut Mehta flexibler als Commitments
und sollten als Empfehlung oder Arbeitsplan verstanden werden, nicht als absolute
Verpflichtung, während Narrative und Commitments unverändert bleiben sollten.
Am Ende geht es nicht um das Framework, sondern
um die Arbeit an sinnvollen Zielen
Mehtas Schlüsselbotschaft ist, dass man sich
erlauben sollte, kurzfristig etwas weniger ambitionierte Ziele zu setzen – im Wissen,
dass es besser ist, realistische Ziele zu erreichen, als übermäßig ambitionierte zu
verfehlen. Teams, die Ziele verfehlen, leiden unter Verwirrung, Zweifeln und mangelndem
Selbstvertrauen. Erfolgreiche Teams hingegen werden in vielerlei Hinsicht stärker. Sie
gewinnen Vertrauen, Stärkung, Überzeugung, Intuition und – am wichtigsten – die
Handlungsfähigkeit, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
Das gilt gleichermaßen für den richtigen Umgang
mit OKRs, denn auch hier ist es wichtig, sich zwar ambitionierte Ziele zu setzen, aber
das gesamte OKR Set so abzustimmen, dass es auch realistisch zu erreichen ist. Doch
genau das fällt den Teams in den OKR Workshops mit am schwersten: Sich bewusst dafür zu
entscheiden, einige sinnvolle und auch wichtige Ziele in diesem Quartal nicht
zu verfolgen. Daher sehen wir in OKRs auch “die Kunst, die richtigen Dinge nicht zu tun“
(Wir haben die Aussage sogar zum Titel
unseres neuen OKR
Buchs „OKR – Die Kunst, die richtigen Dinge nicht zu tun“ gemacht
;)
Das Murakamy-OKR-Framework vs. klassische
OKRs
Während Ravi Mehtas NCT-Framework einen neuen
Namen und Ansatz wählt, haben wir uns bei Murakamy vor einigen Jahren
dazu entscheiden einen eigenen Stil zu entwickeln, um innerhalb des OKR-Rahmens
viele der genannten Probleme zu lösen.
Das Murakamy-Framework behält zwar die
Grundstruktur Objective + Key Results bei, weist aber markante Unterschiede
zu „klassischen“ OKR-Interpretationen (à la John Doerr oder Google) auf. In diesem
Blogbeitrag ist ausführlich dargestellt, wie sich unsere OKR Interpretation
unterscheidet.
Die Essenz unseres Frameworks:
Es bleibt dem Namen nach ein OKR-System, aber eines, das sehr stringente
Richtlinien vorgibt, um häufige Fehlinterpretationen zu vermeiden. Wir verfolgen
einen hypothesenbasierten Ansatz: Jedes Quartal wird neu inhaltlich diskutiert,
welche konkreten Ursachen (Treiber) die angestrebte Verbesserung hervorrufen
sollen. Dabei werden die richtige Ziele für die verfolgte Strategie diskutiert. Diese
intensive Debatte vor Start der Arbeit stellt sicher, dass das Team ein gemeinsames
Verständnis davon hat, welcher Zustand konkret angestrebt wird und
warum. Die formulierten KRs als messbare Treiber dienen als überprüfbares
„Rebriefing“, ob Teamleitung und Team wirklich auf einer Linie liegen, was zu tun ist -
und was eben nicht.
Am Ende steht nämlich selbst bei einem nicht
erreichten Key Result ein Erkenntnisgewinn darüber, welche Hypothese nicht gegriffen
hat.
Wir zielen mit dem Ansatz also gerade darauf ab,
Strategie und Umsetzung eng zu verzahnen, ohne dafür das OKR-Konzept
komplett zu verlassen. Viele Ideen, die NCT separat benennt (Narrative, Commitments,
Tasks), finden sich in ähnlicher Form bei Murakamy wieder: klare Zielbeschreibung mit
Kontext, starkes Committment auf Outputs, und natürlich plant jedes Team seine Aufgaben
– nur tauchen Letztere nicht im OKR selbst auf, sondern in der Umsetzungsebene darunter.
Dabei ist jedes Team frei in der Wahl der geeigneten Methode.
Murakamy vs. NCT vs. klassische OKRs im direkten
Vergleich
Zum Abschluss lohnt ein direkter
Vergleich der drei Ansätze – dem klassischen OKR-Stil, dem
Murakamy-Framework und NCT – um Gemeinsamkeiten und Unterschiede greifbar zu machen.
Alle drei verfolgen letztlich das gleiche Oberziel: Strategische Vorhaben
erfolgreich in die Tat umsetzen und Teams auf dieses Vorhaben einschwören.
Doch der Weg dorthin ist unterschiedlich strukturiert:
Strategischer Kontext („Warum?“)
-
Klassische OKRs überlassen
es den Führungskräften oder ergänzenden Dokumenten, den Sinn eines Ziels zu
erklären. Objectives sind oft knapp gehalten („Increase market share in segment
X“) und geben das Warum nicht automatisch preis. NCTs und OKRs nach
Murakamy legen hier mehr Wert auf Erklärung.
-
NCT fordert zu Beginn eines
jeden Ziel-Sets ein Narrative, das in einigen Sätzen schildert, was
erreicht werden soll und warum es fürs Geschäft wichtig ist. Dieses Narrativ ähnelt
einem kleinen Vision-Statement oder eben Amazons Press Release – es liefert
Hintergrund, Motivation und oft auch einen Hinweis „Warum jetzt?“.
-
Das Murakamy-Framework hat
kein eigenes Textfeld namens „Narrative“, aber durch die Vorgabe, Objectives als
konkreten zukünftigen Zustand zu formulieren und bei der Zielfindung ein intensives
Briefing/Debriefing durchzuführen, stellt es sicher, dass das „Warum“ und
„Was genau“ allen klar ist. Tatsächlich könnte man sagen:
Murakamy-Objectives fallen meist detaillierter als typische OKR-Objectives aus, da
sie einen prüfbaren Zustand beschreiben und oft indirekt das „Warum“
enthalten. Der Murakamy-Ansatz ist inhaltlich erzählerischer, auch
wenn er es nicht „Narrative“ nennt. In einem Punkt aber geht Murakamy strenger vor:
Es erlaubt keine zu langen Objectives über mehrere Quartale – während ein
Narrative bei NCT theoretisch auch ein größeres Ziel umfassen könnte, das sich über
mehrere Quartals-Zyklen erstreckt (solange Commitments quartalsweise gesetzt sind),
insistiert unser Ansatz auf quartalsweise abgeschlossene Objectives.
Verbindlichkeit vs. Aspiration
-
Klassische OKRs (insb. nach
Google) unterscheiden oft zwischen committed Zielen (die fix erreicht
werden sollen) und aspirational Zielen (bei denen ~70% als Erfolg gelten).
Diese Unterscheidung kann zu Verwirrung führen und zu unterschiedlichen Erwartungen.
-
NCT schafft Klarheit, indem
es nur noch Commitments kennt, die voll erreicht werden
müssen, Punkt. Das nimmt zwar den „Moonshot-Charakter“ etwas raus, erhöht aber die
Planbarkeit und Accountability deutlich – jedes Commitment ist ein
echtes Versprechen.
-
Der Murakamy-Ansatz
verfährt ähnlich: Es gibt keine Kategorien – alle OKRs sind so zu definieren, dass
man sie erreichen kann. Ambitioniert ja, aber nicht utopisch.
Handlungsebene (Tasks/Initiativen):
-
Klassische OKR-Frameworks
erwähnen zwar oft, dass es pro KR entsprechende Initiativen/To-Dos geben sollte ,
aber diese sind nicht standardisiert im Prozess verankert. Manche Firmen pflegen
separate Roadmap-Tools; andere ergänzen OKR-Dokumente um Maßnahmenlisten. Das führt
leicht dazu, dass Umsetzungsschritte unter den Tisch fallen –
insbesondere wenn Teams neu in OKR sind, formulieren sie gern Outcome-KRs und
überlegen sich erst viel später, wie diese erreicht werden sollen.
-
NCT beseitigt dieses
Problem, indem es Tasks als dritte Säule direkt einfordert. Somit wird jedem
Commitment sofort ein grober Projektplan beigefügt. Diese Transparenz schafft
Verantwortlichkeit: Jeder sieht, ob ein Team einen durchdachten Weg hat. Außerdem
erleichtert es Abstimmung zwischen Teams – sieht man z.B., Team A hat als Task „API
Schnittstelle von Team B erhalten“, kann B das einplanen.
-
Der Murakamy-OKR-Ansatz
hingegen trennt strikt zwischen Zielen und Aufgaben: Aufgaben
tauchen nicht in den OKRs auf. Dennoch bedeutet das nicht, dass Teams
planlos arbeiten – sie nutzen nur andere Tools (Backlog, Projektplan, Kanban, etc.),
um Tasks zu managen, um zu verhindern, dass OKRs zu einer Aufgabenliste
degenerieren. Die Substanz ist also ähnlich – beide Ansätze erkennen an, dass Ziele
ohne Aktionen nutzlos sind.